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Eiszeit in Äthiopien: Zuflucht im Hochgebirge?

[Deutschlandfunk] 29.10.2015


Foto: www.magazin.uni-halle.de

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Sind die Menschen in Äthiopien während der letzten großen Eiszeit vor 16.000 Jahren in die Berge geflohen? Das erforscht ein internationales Team aus Bodenkundlern, Archäologen und Biologen im neuen Projekt „The Mountain Exile Hypothesis“. Dafür reisen hallesche Bodenkundler künftig in das Sanetti-Hochplateau und untersuchen den Boden mit modernen biogeochemischen Methoden auf Jahrtausende alte Spuren von Menschen.
Es ist nicht gerade die menschenfreundlichste Region auf der Welt: Die Bale-Berge im Süden Äthiopiens sind ein sehr regenreiches Gebiet mit teilweise stark schwankenden Temperaturen. Der Landstrich liegt zwischen 3.700 und 4.100 Metern über dem Meeresspiegel – hier wird die Luft dünn: Der deutlich geringere Sauerstoffgehalt macht den Menschen zu schaffen, ihr Stoffwechsel verschlechtert sich. So ist es wesentlich anstrengender, sich in den Bergen fortzubewegen, als es im Tal der Fall ist. Deshalb gilt diese Gegend noch immer als relativ naturbelassen. Gleichzeitig gibt es in der Region einige einmalige Tier- und Pflanzenarten.
„Wegen der schlechten Lebensbedingungen für den Menschen geht man häufig davon aus, dass der afro-alpine Raum erst sehr spät besiedelt wurde“, sagt Bruno Glaser, Professor für Bodenbiogeochemie an der Uni Halle. Im Rahmen der Forschergruppe „The Mountain Exile Hypothesis“, die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert und der Uni Marburg geleitet wird, will Glaser mit seinem Bayreuther Kollegen Prof. Dr. Wolfgang Zech im Idealfall das Gegenteil beweisen. Sie arbeiten im Projekt mit Forschern aus Deutschland, Frankreich und Großbritannien. Ihre Hypothese: Schon während der letzten Eiszeit vor 16.000 bis 10.000 Jahren haben sich Menschen auf das Plateau zurückgezogen.
Während einer Kaltzeit ist es in den Bergen eigentlich kälter. In den letzten 500.000 Jahren zogen sich die Menschen in Europa deshalb immer in wärmere Täler zurück. „In Afrika haben die Warm- und Kaltzeiten aber nicht so gravierend gewirkt“, erklärt Glaser, der Äthiopien aus früheren Projekten zur nachhaltigen Wald- und Bodennutzung gut kennt. So waren die Bergplateaus nicht vereist, im Tal war es aber zu trocken. Bisher gebe es keine schlüssige Erklärung, wo sie in dieser Zeit Zuflucht gefunden haben.
Den Boden als Archiv nutzen
Wenn es die Menschensiedlungen in den Bergen tatsächlich gab, müsste es davon auch Spuren geben – diese müssten selbst nach tausenden von Jahren noch zu finden sein: im Boden oder in der Pflanzenwelt. Genau diese Bereiche wollen Glaser und Zech untersuchen. „Anders als Archäologen, die zum Beispiel nach Steinartefakten in der Natur suchen, verwenden wir den Boden als Informationsquelle.“
Schon mit bloßem Auge lasse sich teils erkennen, wo Menschen gesiedelt haben: „Der Boden ist dunkler, weil er sehr viel Ruß enthält. Es handelt sich um einen sehr fruchtbaren Boden.“
Damit die Arbeiten der Bodenkundler erfolgreich sind, brauchen sie möglichst unbelastete Naturflächen. Das Bodenprofil darf nicht zu sehr durch deutlich jüngere Einflüsse gestört sein. Hier bieten sich die relativ menschenunfreundlichen Bale-Berge an. „Der Boden wurde in den letzten Jahrhunderten und Jahrtausenden nur oberflächlich verändert, die Abfolge ist erhalten geblieben.“ Deshalb plant die Gruppe mehrere Expeditionen, um an verschiedenen Stellen Bodenproben zu nehmen.

Link: www.magazin.uni-halle.de


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