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DNA methylation pattern of organic and conventional plant samples

EpiOrg – Lebensmittelbetrug verhindern: Epigenetische Muster von biologischen und konventionell angebauten Nahrungsmitteln

Biolebensmittel erfreuen sich immer größerer Beliebtheit. Ob es der erhoffte gesundheitliche Mehrwert ist oder das Versprechen, dass deren Produktion im Vergleich zu konventionellen Produkten umweltverträglicher gestaltet wurde, die Biobranche in Deutschland hatte allein 2016 ein Umsatzwachstum von 9,9% zu verzeichnen.

Das papierbasierte Zertifikationssystem gerät hierbei immer wieder an seine Grenzen. Der Ladenpreis liegt ca. ein Drittel höher als bei vergleichbarer konventioneller Ware, was Nahrungsmittelbetrug verlockend erscheinen lässt. Immer wieder kommt es zu Funden von falsch deklarierter „Bioware“.

Bislang wurden viele Versuche unternommen eine analytische Methode zu entwickeln, um ein pflanzliches Bioprodukt eindeutig als solches zu identifizieren. So wurden zum Beispiel Vitaminassays, Rückstände von Pflanzenschutzmitteln sowie stabile Isotope untersucht. Eine großflächige Zuordnung des Anbausystems scheiterte hierbei zum Beispiel an Sorten- und Jahresvariabilitäten, Kontaminationen durch Pflanzenschutzmittelabdrift sowie der Möglichkeit im konventionellen Bereich ebenfalls organische Düngemittel einzusetzen. Hier war die Idee im Rahmen der Stabilisotopenanalyse, dass durch das Haber-Bosch-Verfahren gewonnener Stickstoffdünger eine andere Isotopenzusammensetzung aufweist als die organischen Düngemittel auf Biofeldern und sich diese Verhältnisse in den Pflanzen wiederfinden lassen.

Ein neuer Ansatz im Bereich der Authentifizierung von Biolebensmitteln könnte nun die Untersuchung epigenetischer Muster sein. Erste Transkriptomstudien hatten gezeigt, dass es Unterschiede in der Genexpression zwischen biologisch und konventionell angebauten Pflanzen gibt. Diese sind allerdings viel zu variabel um längerfristig ein Bioprodukt identifizieren zu können, da kurzfristige Umweltänderungen, wie schwankenden Lichtverhältnisse, Wärme, etc., innerhalb kürzester Zeit zur Transkription anderer Genomabschnitte führen. Epigenetische Muster, also Modifikationen auf und in der Umgebung der DNA, die jenseits von Mutationen die Aktivität von Genomabschnitten beeinflussen, haben sich als weniger dynamisch aber ebenso umweltabhängig gezeigt. Hierbei unterscheidet man zwischen DNA-Methylierung, Histonpositionierung und -modifikationen sowie der Expression von microRNA-Fragmenten, die mRNA Stücke vor der Translation abfangen können.

Im Rahmen einer Projektausschreibung der Volkswagenstiftung konnten wir uns als eins von 17 geförderten Projekten von insgesamt 594 Projektanträgen durchsetzen.

Die Idee des Projektes ist, dass die Umwelt von Pflanzen einen entscheidenden Einfluss auf die epigenetischen Genregulationsmechanismen und DNA-Konfigurationen hat. In einem ersten Schritt wollen wir nun untersuchen, wie sich die Methylierungsmuster – ähnlich einem Barcode – zwischen biologisch und konventionell angebauten Sojabohnen und Kartoffelknollen unterscheiden. Um sicher sein zu können, dass die Proben in der entsprechenden Art und Weise angebaut wurden, kommen diese von einem der umfangreichsten und aufwendigsten Feldversuche in diesem Bereich, vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FIBL) aus der Schweiz.

Methodisch soll mittels Bisulfitsequenzierung in Kooperation mit dem Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK Gatersleben) ein analytisches Protokoll entwickelt werden, welches uns ermöglichen soll Biolebensmittel anhand ihrer Methylierungsmuster eindeutig zu identifizieren. Hierbei erwarten wir Methylierungsunterschiede in Genombereichen, die für den Nährstoffhaushalt und die Stressreaktion der Pflanzen sowie für deren Verteidigung nötig sind.


   

Podcast Identifizierung von Biogemüse durch Epigenetik

Die Volkswagen Stiftung fördert wissenschaftliche Forschungsprojekte, insbesondere solche mit hohem Risiko. Ivo Große, Bruno Glaser und Claudius Grehl forschen daran, wie sich biologisch angebautes Gemüse auf epigenetischer Ebene von konventionell angebautem Gemüse unterscheidet. Jedes Jahr wird in Deutschland mehr Gemüse mit Biosiegel verkauft als angebaut wird. Um Lebensmittelbetrug zu verhindern, wäre ein zuverlässiger Test sehr wichtig. Und tatsächlich sind die ersten Ergebnisse sehr vielversprechend, bei Kartoffeln und Sojabohnen ließen sich epigenetische Veränderungen feststellen.

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