Sustainable soil amendment strategy enhancing carbon sequestration and carbon dioxide removal in European Agriculture (SUSCARBO)
Klimafreundliche Landwirtschaft und Treibhausgas-Mitigation durch Pflanzenkohleausbringung?
Böden sind eine wichtige Kohlenstoffsenke, da sie mehr Kohlenstoff enthalten als in der terrestrischen Vegetation und der Atmosphäre zusammen gespeichert ist. Viele Studien haben gezeigt, dass noch mehr Kohlenstoff in den Böden gespeichert werden kann, wenn bestimmte Bewirtschaftungsmethoden angewendet werden. Dieser Prozess der Speicherung von organischem Kohlenstoff in Böden, besser bekannt als Kohlenstoffsequestrierung, beschreibt, wie organischer Kohlenstoff in Böden eingebracht und in eine langfristig (> 100 Jahre) stabilisierte Form umgewandelt wird. Gleichzeitig wird der Atmosphäre durch die Kohlenstoffsequestrierung Kohlendioxid entzogen. Der Sequestrierungssprozess kann durch verschiedene Strategien erreicht werden, z.B. durch den Einsatz von Bodenapplikationsmitteln. Neben landwirtschaftlich etablierten Methoden, wie der Ausbringung von Gülle, Festmist oder Kompost ist vor allem die Ausbringung von Pflanzenkohle eine sinnvolle Strategie, da sie das Potenzial hat, 1. die organischen Kohlenstoffvorräte langfristig zu erhöhen, da die hocharomatische Struktur der Pflanzenkohle zu einer reduzierten mikrobiellen Abbaurate und einer langen mittleren Verweilzeit von ca. 556 Jahren führt. Und 2. reduziert die Pflanzenkohleausbringung auch Boden-Kohlendioxid- und Lachgas-Emissionen im Vergleich zur konventionellen Mineraldüngung.
Eine weitere, etabliertere Applikationsmethode, die zur Düngung und Bodenverbesserung häufig eingesetzt wird, ist die Ausbringung von Festmist. Festmist ist ein Sammelbegriff für Exkremente verschiedener Tierarten, Urin, Pflanzenmaterial und Stroh, aber auch Futtermittelreste und menschliche Haushaltsabfälle. Auch Festmist besitzt die Möglichkeit den Kohlenstoffgehalt im Boden zu erhöhen, da dieser von vorn herein meist über einen hohen Kohlenstoffgehalt verfügt. Allerdings kann die organische Substanz in Gülle aufgrund ihres hohen Stickstoffgehalts oder ihres geringen Kohlenstoff-Stickstoff-Verhältnisses auch leicht abgebaut werden.
Daher scheint eher die Verwendung von Pflanzenkohle als Düngemittel und Bodenverbesserungsprodukt eine Allround-Lösung zu sein. Da es sich bei der Pflanzenkohle-Applikation jedoch um eine relativ "neue" Technologie handelt, fehlt es an Daten über Faktoren, die das Sequestrierungspotenzial von Pflanzenkohle sowohl kurz- als auch langfristig beeinflussen. Insbesondere die Langfristigkeit des Sequestrierungs-Effekts ist noch wenig erforscht, da es an Daten aus Langzeit-Feldexperimenten fehlt.
In dieser Forschungslücke setzt das Dissertationsprojekt an. Um beantworten zu können, ob die Applikation von Pflanzenkohle auf europäischen Böden eine geeignete Option ist, kurz- und langfristig mehr atmosphärisches Kohlendioxid zu binden als konventionelle landwirtschaftliche Applikationspraktiken (bspw. Gülle und Festmist), sollen verschiedene laufende aber auch bereits stillgelegte Pflanzenkohle-Versuchsfelder neu beprobt und analysiert werden. Hierbei soll nicht nur die Veränderung des Kohlenstoffvorrats im Mittelpunkt stehen, sondern auch die potentiellen standortspezifischen Einflussfaktoren. Um den Betrachtungshorizont der Kohlenstoffdioxid-Vermeidung zu erweitern sollen ebenso auch Vorkettenprozesse in der Herstellung von Pflanzenkohle mithilfe von Life Cycle Assessments quantifiziert und bewertet werden. Durch diesen holistischen Ansatz soll es abschließend gelingen, klimafreundliche und demnach zukunftsfähige Produktionssysteme für Mitteleuropa zu skizzieren.